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Warum es manchmal wichtig ist, wieder neu zu beginnen

Sabrina Lehmann

Es gibt Momente im Leben, in denen man sich verliert – in Routinen, in Alltagsproblemen, in Erwartungen, die oft kaum greifbar sind. Man spürt, dass etwas fehlt, doch es ist schwer, genau zu sagen, was es ist. Manchmal hilft es, den Blick nach innen zu richten, zu den eigenen Wurzeln. Und manchmal hilft es, wirklich weit wegzugehen, vielleicht sogar auf die andere Seite der Welt, um wieder zu sich selbst zurückzufinden.


Vor kurzem habe ich an einem Ort Zeit verbracht, der nicht vom Überfluss oder Luxus geprägt war, sondern von Einfachheit, Ursprünglichkeit und Leben im Einklang mit der Natur. Ich saß am Meer und beobachtete kleine Kinder, die mit selbstgebastelten Angeln aus Kokosnüssen Fische aus dem Wasser zogen. Diese Kinder, vielleicht vier oder fünf Jahre alt, reinigten ihren Fang mit geschickten Händen und bereiteten ihn fürs Frühstück vor.


Nicht weit von ihnen draußen auf dem Meer sah ich Fischer in ihren kleinen Booten, ruhig und in sich gekehrt. Ihr langsames Ziehen an den Schnüren, ihre Gelassenheit, ihr völliges Eintauchen ins Hier und Jetzt – es war, als ob ihre Ruhe auf mich überging. Diese Männer leben das, was wir in der westlichen Welt ständig predigen, aber längst verlernt haben: im Moment zu sein. Kein ständiges Rennen, kein Gedanke an morgen, nur das Jetzt.


Neidvoll schaute ich auf sie herab. Nicht auf sie direkt, sondern auf das Meer und die Ruhe, die sie umgab, auf das einfache Leben, das sie führen. Wer wohl glücklicher ist, frage ich mich. Was denken sie wohl über mich? Sehen sie mich, wie ich hier sitze, in Gedanken gefangen? Empfinden sie Neid auf mein Leben – oder Mitleid, weil ich so weit reisen musste, um diesen Frieden zu suchen?


Dieser Kontrast hat mich innehalten lassen und mir gezeigt, wie wichtig es ist, manchmal aus dem eigenen Alltag auszubrechen. Nicht, um dem Leben zu entfliehen, sondern um es wieder in seiner ganzen Tiefe zu spüren. Um sich selbst die Frage zu stellen: Was ist wirklich wichtig? Was habe ich, das ich vielleicht längst nicht mehr zu schätzen weiß? Und worüber rege ich mich im Alltag auf, das es gar nicht wert ist?


Dieser Moment und diese Eindrücke waren für mich eine Rückkehr zu den Ursprüngen – nicht nur an einen Ort, sondern zu meinen eigenen Ressourcen, zu dem, was mich ausmacht. Es geht darum, innezuhalten, dankbar zu sein für das, was man hat, und sich bewusst zu werden, dass das, was man als selbstverständlich ansieht, für andere oft ein unerreichbarer Luxus ist.


Manchmal braucht es einen Perspektivwechsel, um den Blick auf das eigene Leben zu schärfen. Und dieser Perspektivwechsel kann bedeuten, dorthin zu gehen, wo das Leben einfacher, ehrlicher und roher ist. Denn dort findet man oft zu sich selbst zurück.

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